Halloween

 

Am 31.10.2001 habe ich in GiMiX von TVLestat folgenden Beitrag im Forum "Glaube+Religion" gefunden, den ich nicht im Nirwana verschwinden lassen wollte:

Jedes Jahr zu Halloween... 

... tauchen in den diversen Zeitungen, in religiösen Zirkeln und ganz besonders natürlich im Internet einige "brennende" Fragen mit besonderer Regelmäßigkeit auf wie z.B.:

  • "Darf man als guter Christ überhaupt guten Gewissens Halloween bzw. Allerheiligen feiern?"
  • "Stimmt es, dass wir eigentlich nur ein Fest der Kelten weiterfeiern?"
    und
  • "Ist es denn wahr, dass zu diesem Fest einmal Menschen umgebracht wurden und wir im Grunde nur ein Teufelsritual fortführen?"

Viele dieser Fragen resultieren aus diversen - ebenfalls zu dieser Jahreszeit weit verbreiteten - Artikeln über die - angeblichen - wahren Hintergründe unseres Halloween/Allerheiligenfestes.

Wie schon im letzten Jahr möchte ich ebenfalls etwas Aufklärung betreiben, zu einigen häufig angesprochenen Punkten Stellung nehmen und einige Hintergründe offen legen (jaja, hochgestochen gequatscht, ich weiß...).

Die meisten dieser Artikel und die Fragen, welche durch diese entstehen lassen sich auf die Verbreitung diverser Schriften ("Traktate") eines gewissen Jack Chick zurückführen. Dieser produziert en Masse Comic-artige Heftchen (und auch einige wirkliche Comics), die alle nur einen Zweck haben: Den Menschen zu Gott zurückzuführen - vorzugsweise zu dem Gott, den er selbst verehrt - wobei ihm anscheinend jedes Mittel recht ist. Von der einfachen Warnung bis zu offener Einschüchterung, auch mit Hilfe gut präsentierter Lügen. Hervorzuheben sind hier das Traktat "Boo!" und der Comic "Spellbound". Wer sich das Traktat einmal in voller Lebensgröße ansehen möchte, kann dies unter http://www.chick.com/reading/tracts/0058/0058_01.asp tun.

"Spellbound" handelt von den Ursprüngen der modernen Rockmusik (Der Rhythmus den die Druiden auf ihren Trommeln schlugen um ihrem Gott Samhain zu huldigen und herbeizurufen. Dieser wurde über die Generationen weitergegeben, bis er mit der Musik der Beatles nach Amerika kam und heute in der ganzen Rockmusik vorkommt, wodurch er alle Anhänger dieser zu willenlosen Sklaven Samhains - auch Satan genannt - macht). Unter http://www.chick.com/seasonal/halloween/halloweenhistory.asp wird noch mal lang und breit über die "wahren Hintergründe von Halloween" referiert. In einem Abschnitt dieser Website (Should Christians celebrate Halloween?) wird von einem gewissen William J. Schnoebelen eindringlich vor der Gefahr Satan in die Hände zu fallen gewarnt. Er, als ehemaliger Hohepriester und geretteter Christ sollte dies schließlich wissen. Auffallend ist, dass eben jener William Schnoebelen auf einer anderen Page dieser Website vor dem Vampirismus warnt, den es ja tatsächlich gibt. Er, als ehemaliger Vampir, sollte dies ja wissen. Ganz schön weit herum gekommen, der Mann. Da fragt man sich doch, welche Laufbahn er nach der als gerettetem Christen einschlagen will - die des geretteten Satanisten/Werwolfes/Politikers/Taxifahrers vielleicht?

Okay, mal Spaß beiseite (ich weiß, ist schwer angesichts einer derartigen Website...), ich möchte nun einmal die von Jack Chick auf der obigen Seite angesprochenen, angeblichen, Wahrheiten über die Herkunft des Halloween/Allerheiligenfestes kritisch darstellen:

"Es ist unmöglich, Halloween und die Druiden zu trennen, da diese den ´Feiertag´ begründeten." - Stimmt nur zum Teil. Zwar stimmt es, dass viele Halloween-Bräuche ihren Ursprung in alten keltischen Glaubensrichtungen haben, ob die Druiden den Feiertag aber auch begründeten ist mehr als fraglich. Außerdem wird das Fest Halloween bzw. Allerheiligen zumeist aus einem ganz anderen Grund gefeiert und nicht im Sinne des keltischen Glaubens (zumindest von der breiten Masse), es kann also sehr wohl von den Druiden getrennt werden.

[historisch zutreffende Fakten über die Ursprünge der Druiden]

"Information über die Druiden kommen von Caesar, römischen Historikern und griechischen Schriften von 200 b.c.e. sowie sehr frühen Schriften aus Irland. Griechische und römische Schriften beschreiben schwer die häufigen und barbarischen Menschenopfer. Die alten irischen Texte schreiben wenig von Menschenopfern, gehen aber ins Detail über die Verwendung von Magie durch die Druiden um Stürme herbeizurufen, Orte zu verfluchen, durch Magie zu töten und magische Hindernisse aufzustellen." - Ebenfalls großteils richtig. Wobei man einwenden muss, dass die Römer schließlich die Kelten erobern wollten und dazu einen guten "Aufhänger" brauchten - unerwähnt bleibt allerdings, dass auch die Griechen und Römer Menschen opferten, wenn auch (zumindest bei den Römern) unter dem Deckmantel der Zirkusspiele. Irische Texte mögen zwar alt sein, sicher jedoch nicht so alt wie man uns weis machen will, da der keltische Glaube erst relativ spät Irland erreichte und gemäß den damaligen Vorstellungen eine Niederschrift für banale Dinge verpönt war (die Schrift wurde hauptsächlich für Grabinschriften u.Ä. verwendet, entweder auf Holz - das mittlerweile sicher verrottet ist - oder auf einer Steinstele, die hauptsächlich Gräber zierte).

Ebenfalls nicht erwähnt ist, dass neben den erbrachten "Negativbeispielen" auch in irischen Texten häufig erwähnt wird, wie Magie verwendet wird, um den Menschen Gutes zu tun und ihnen zu helfen.

"Davies jedoch, ein Schriftsteller aus dem 16. Jhdt. der seine Ahnenlinie bis zu den Druiden die gegen Caesar kämpften zurückverfolgen kann, beschreibt deutlich die Menschenopfer seiner Ahnen sowie die geheimen Opfer, die immer noch von Druiden seiner Epoche durchgeführt werden." - Okay, 1.700 Jahre später ist die Geschichte der Ahnen noch immer unverwässert im Original erhalten? Was wir nicht erfahren ist, wie glaubwürdig Davies ist. Schließlich gibt es heute auch noch immer Scharlatane, die eine bestimmte Religion vorschieben und korrumpieren, nur um sich selbst zu profilieren (in der druidischen Richtung sei z.B. Douglas Monroe genannt).

"Um 47 C.E. besiegten die Römer die Druiden in England, Menschenopfer wurden unter Strafe gestellt und die wenigen noch vorhandenen Druiden gingen in den Untergrund" - Zuerst einmal wurde England erobert, nicht die Druiden. Irland wurde übrigens nie von den Römern erobert, die Druiden hielten sich dort noch ziemlich lange. Weiters ist fraglich, wie die Römer es denn hätten anstellen sollen, gar so viele Druiden zu finden und zu töten. Schließlich trugen die ja kein Schild um den Hals "ICH BIN DRUIDE!". Außerdem waren die Druiden meist die Söhne und Töchter hoch angesehener Bürger, Häuptlinge usw. - Hätten die Römer diese wirklich alle getötet, wäre dies wohl eine Katastrophe für die Römer geworden, da diese Bürger nicht wenig an Gefolge und Untertanen hatten... und man sollte mal versuchen, einen so großen Aufstand in Schach zu halten - das Verhältnis der Armee war damals etwa so, als wolle man mit den Leuten des BGS ganz Deutschland absichern. Vielmehr wissen wir aus Texten, dass die Druiden sehr wohl im Amt blieben, wenn auch nicht mit so vielen Privilegien. Oft werden auch Druiden gemeinsam mit Richtern bei Prozessen erwähnt.

Wahrscheinlicher ist, dass die Ausbildung verboten wurde und den noch verbleibenden Druiden nach und nach immer mehr Rechte aberkannt wurden, bis sie praktisch nur noch Barden sein durften.

"Der 31. Oktober wurde von den Druiden mit vielen Menschenopfern und einem Fest für ihren Sonnengott und Samhain, den Totengott, gefeiert. Sie glaubten, dass die sündigen Seelen der während des Jahren Verstorbenen in einem Ort der Pein gefangen waren und nur frei gelassen würden, wenn Samhain mit den Opfer gnädig gestimmt werden könnte" - Ausgemachter Blödsinn und eine Verdrehung der wirklichen Tatsachen: Das Fest "Samhain" begann am 31. Oktober und währte meist drei Tage lang. Ein Gott "Samhain" ist trotz der ca. 400 keltischen Götter nicht bekannt, besonders auffällig, da ihm ja anscheinend ein wichtiger Platz als Totengott angedichtet wird. Auch wird nirgends über den "Ort der Pein", an dem die Seelen gefangen sein sollen (erkennt hier außer mir noch jemand eine Version der christlichen Hölle?) sowie das ´Freikaufen´ derer durch Opfer berichtet. Dies scheint eine bewusste Verdrehung des tatsächlich vorherrschenden Glaubens zu sein, dass um Samhain die Barriere zwischen den Welten der Toten und der Lebenden besonders dünn sein solle und daher ein Hinüberwechseln auf die andere Seite besonders leicht sei - für beide Welten. Samhain war also ein Gedenkfest für und auch mit den Toten, nicht nur des letzten Jahres sondern vielmehr aller Ahnen (siehe unser heutiges Allerheiligen/Allerseelen).

"Irische Schriften zeugen von der Faszination der katholischen Mönche für die starken Druiden und Druiden wurden bald einflussreiche Mitglieder der Klöster. Papst Gregor der Große beschloss, den Feiertag der Druiden in die Kirche aufzunehmen. Er machte die Proklamation ´Nie mehr sollen sie Tiere dem Teufel opfern, sondern diese als Nahrung zum Lob Gottes schlachten und Dank sagen dem Geber aller Dinge für seine Güte und Großzügigkeit´" - Komischerweise sind die beinahe ausgerotteten und im Untergrund lebenden Druiden auf einmal wieder voll da, ja mehr noch, sie spielen eine wichtige Rolle im Klosterleben. Dies zumindest stimmt, da viele Druiden zum Christentum bekehrten, um wenigstens einen Teil ihrer Lehren weiter ausleben und weitergeben zu können. Ebenfalls wahr ist die Gründung von Allerheiligen durch Papst Gregor dem Großen. Die Proklamation ist mir allerdings bisher nicht untergekommen, zumindest nicht im dargestellten Sinne.

"Die Gründerväter von Amerika weigerten sich anfangs, Halloween zu feiern, da sie wussten, das es ein heidnischer Feiertag ist. [...] Halloween wurde bis 1900 nicht weit verbreitet gefeiert. Um 1840 gab es eine schwere Kartoffel-Hungersnot in Irland, die tausende katholische Iren nach Amerika auswandern ließ. Diese brachten Halloween nach Amerika." - Schon komisch, dass die ersten Siedler zum größten Teil Protestanten waren und erst mit den Katholiken Halloween/Allerheiligen gefeiert wurde....

"Der moderne Brauch, von Tür zu Tür zu gehen und um Essen und Süßigkeiten zu bitten geht auf die Druiden zurück. Diese glaubten, dass sündige, verlorene Seelen von Samhain für eine Nacht am 31. Oktober auf die Erde frei gelassen würden, während sie ihren Richterspruch erwarteten. Man glaubte, dass diese sich um die Häuser der Lebenden scharen würden und sie wurden mit Bankett-beladenen Tischen begrüßt. Die Menschen fürchteten diese Geister sehr und dachten, dass diese sie verletzen oder gar töten würden, wenn ihre Opfer Samhain nicht besänftigen könnten. Die Menschen schnitzten dämonische Fratzen in Kürbisse oder große Rüben, in die sie dann eine Kerze stellten, um die bösen Geister von ihren Häusern fern zu halten." - Mit etwas Wahrheit durchsetzter Blödsinn. Zuerst haben wir wieder einmal die ´Seelen, die auf den Richterspruch warten´, frei nach der Bibel. Dann den obskuren ´Totengott Samhain´ und die ´freigelassenen Seelen´. Ganz abgesehen davon, dass Kürbisse erst nach der Entdeckung Amerikas in Europa bekannt wurden - sicher nicht zur Zeit der Kelten. Anscheinend hat doch jemand Herrn Chick auf diesen Fehler hingewiesen, da er jetzt auch die Rüben inkludiert - im Traktat ´Boo!´ waren es noch nur Kürbisse. Tatsächlich stimmt der Brauch, allerdings wurden ausschließlich Rüben verwendet. Die Dämonenfratzen sollten übrigens wirklich böse Geister, die natürlich auch die Barrieren zwischen den Welten leicht überschreiten konnten, von den Menschen fern halten und um gleichzeitig die Ahnen, die sich ja nicht fürchten brauchten, zu den Häusern leiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass im Traktat "Boo!" die Kürbisse noch einen ganz anderen Hintergrund hatten.

Die Druiden nämlich ("Mann, waren die gruselig!") sollen da in der Nacht von Haus zu Haus gegangen sein um Opfer für ihre grausigen Menschenopfer zu holen. Im Austausch ließen sie dann einen ausgehöhlten Kürbis vor der Türe, die das Haus vor den Todesdämonen beschützen sollte. Im Comic "Spellbound" raubten sie gar Prinzessinnen von den umliegenden Burgen (Hallooooooooo Mittelalter - die Druiden hatten ihre Blütezeit gute 1500 Jahre vorher...). In den Dörfern gingen sie dann angeblich von Haus zu Haus und verlangten das jüngste Kind (naja, nach spätestens 2 Generationen hätten wir damit auch das Bevölkerungsproblem und den Nachwuchs an Druiden gelöst....), sollte eine Familie ihr Kind nicht freiwillig hergeben, wurde ihnen ein Kürbis vor die Türe gestellt oder ein Zeichen mit Blut auf die Türe gemalt. Am nächsten Tag wurden dann alle Mitglieder dieser Familie ermordet aufgefunden. Dass dies samt und sonders frei erfunden ist, brauche ich ja hoffentlich nicht extra breit darzulegen.

Also, um endlich zu einem Schluss zu kommen und die eingangs erwähnten Fragen zu beantworten:

  • Natürlich darf man als guter Christ mit reinem Gewissen Halloween/Allerheiligen feiern
  • Ja, ursprünglich war dieser Tag ein hohes Fest der Kelten, aber wenn Euer Geburtstag auf einen hohen Feiertag einer anderen Religion fallen würde, würdet Ihr ihn dann doch lieber nicht feiern (auch wenn es bei den beiden angesprochenen Festen immer noch einige Parallelen geben mag)?
  • Nein, Samhain/Halloween/Allerheiligen hat rein gar nichts mit dem Teufel zu tun, Menschen wurden damals von vielen Kulturen geopfert, aber zu einem Fest zu Ehren der Toten extra jemanden zu töten wäre den meisten davon wohl doch etwas zu riskant bzw. makaber gewesen...

Also hier ein paar Ideen für Halloween/Samhain/Allerheiligen:

  • Macht einen Morgenspaziergang im Wald und findet etwas Ruhe um sich seiner selbst zu besinnen - kann besonders an einem nebeligen Morgen einen ganz besonderen Reiz haben.
  • Zündet farbige Kerzen an, gedenkt dabei Eurer verstorbenen Familienmitglieder und Freunde und überhaupt aller der Generationen, die gestorben sind und Euch als ihren Nachkommen haben. Ein paar wohlriechende Räucherstäbchen oder -kegel (gibt´s ja jetzt auch mit Weihnachtsduft oder in der Geruchsrichtung "Advent") verbreiten auch eine angenehme Atmosphäre,
  • Feiert ein Fest und lasst dabei einen Platz frei bzw. deckt einen Platz mehr am Tisch, damit dort symbolisch Eure Ahnen sitzen können.
  • Ausklingen lässt man so einen Tag am Besten vor einem prasselnden Kamin- oder Lagerfeuer, so verfügbar
  • Achja - und wenn Euch tatsächlich so ein Traktat in die Hände gedrückt werden sollte, dann habe ich auch für dieses eine sinnvolle Verwendung gefunden:
    - Ihr erinnert Euch an das prasselnde Feuerchen um den Tag so richtig ausklingen zu lassen? Ihr werdet sicher was zum Unterzünden brauchen...

So, das war´s dann auch endlich, ich habe fertig.

HAPPY HALLOWEEN / SAMHAIN / ALLERHEILIGEN

und natürlich
Grüße und Imbas,
TVLest@

P.S.: BUH!

 

 

 


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